81 Jahre ist die Reichspogromnacht her, in der am 9. November 1938 antisemitische Diskriminierungen in offene Gewalt mündeten
Zum achten Mal erinnerte der „Runde Tisch für Zivilcourage und Menschenrechte, gegen Diskriminierung und Rechtsextremismus“ mit einem Gedenkmarsch durch die Ahrensburger Innenstadt an die Gräueltaten der Nazis. Auch viele Ahrensburger Schüler beteiligten sich mit Textbeiträgen und Liedern
„Wo gestern noch Kunden warteten, wurden heute Geschäfte boykottiert“, schildert eine Schülerin aus der zehnten Klasse der Stormarnschule die Zeit. „Familien wurden offiziell zu Staatsbürgern zweiter Klasse. Ein erfülltes Leben war nicht mehr möglich. Die glückliche Kindheit vorbei.“ Seit einigen Jahren gehört das Schicksal der Familie Rath fest zum Unterrichtsstoff des Geschichtsprofils. Auf Grundlage von Akten konstruierten die Schüler die letzten Jahre im Leben von Veronika Rath nach, deren Ehe aufgrund ihrer jüdischen Wurzeln als Mischehe verschrien wurde, weshalb sie sich später das Leben nahm. „Die Schüler haben die Texte und ihre Perspektive ausgearbeitet“, sagt Lehrerin Nadine Spiegelhoff. „Es war ihnen ein Anliegen, das distanzierte Beamtendeutsch und die Nazispreche auf eine persönliche Ebene zu bringen und dadurch das Schicksal deutlich zu machen.“
Der Weg führte auch vorbei an den Stolpersteinen von Anneliese Oelte, die aufgrund ihrer Behinderung der Euthanasie des Naziregimes zum Opfer fiel, sowie an dem Stolperstein von Magnus Lehmann, der als Jude deportiert wurde. Diese Steine werden seit dem Jahr 2000 als Teil eines Kunstprojektes von Gunter Demnik in ganz Europa verlegt.
Die Heimgartenschule hat aus Daten des Stadtarchivs einen Familienstammbaum der alteingesessenen Ahrensburger Familie Lehmann erstellt. Mittlerweile hat die Schule Kontakt zu Erik Lehmann in Argentinien aufgebaut, um die Geschichte ihrer Flucht und Vertreibung zu rekonstruieren.
Das Eric-Kandel-Gymnasium stellte die Geschichte von Gertrud Eickhorst dar, ehemaligen Besitzerin der bis heute in Ahrensburg existierenden Adler Apotheke.
„Es ist wunderbar, dass die Organisatoren fast alle Schulen für den Gang des Erinnerns zusammenbringen konnten“, sagt Martina Mündel, Lehrerin der Selma-Lagerlöf-Gemeinschaftsschule. „Die Geschehnisse dürfen nicht in Vergessenheit geraten. Gerade in Zeiten, wo Parteien am Rand zu einer Alternative werden, die laut Gerichtsurteil als Faschisten bezeichnet werden dürfen.“
Neben der Patenschaft für den Engel der Kulturen vor der Stadtbücherei arbeiten Schüler an dem Projekt „Schule ohne Rassismus“. „Geschichte ist nicht nur dafür da auswendig gelernt zu werden“, so eine Schülerin. „Es geht um das, was passiert, wenn man ohne Zivilcourage handelt.“
Ein Zeichen für Vielfalt setzen die Schüler auch am 5. Dezember mit dem Kleinen Festival der Vielfalt. Von 18.30 Uhr bis 21 Uhr in der Selma-Lagerlöf-Gemeinschaftsschule, Wulfsdorfer Weg 71.