„Kreidetafeln braucht kein Mensch mehr“

Wirtschaftsbeirat Stormarn (Foto: IHK/Özren)

Moderne Hardware, einheitliche Software, schnelles Internet und für das Verstehen und Anwenden der Digitalisierungschancen geschulte Lehrer: Diese Voraussetzungen müssen an den Schulen stimmen, damit Schüler fit für die Digitalisierung werden. Darin waren sich die Teilnehmer der Sitzung des Wirtschaftsbeirats Stormarn der IHK zu Lübeck einig. „Wenn wir unsere Kinder nicht in die Lage versetzen, digital zu arbeiten, werden sie die Zukunft nicht meistern können“, sagte Stefan Woelke, Vorsitzender des Wirtschaftsbeirats.

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Daniel Börmann, Schülersprecher des Kopernikus Gymnasiums Bargteheide, sieht zwar Fortschritte bei der Digitalisierung an Schulen. Jedoch fehle ein leistungsfähiges Internet. Auch Kompatibilitätsprobleme würden die Dinge eher erschweren als erleichtern, weil Schüler und Lehrer häufig Datenträger und mobile Geräte nicht mit den Systemen an den Schulen verbinden könnten. „Außerdem beobachte ich immer wieder, dass Schüler ihren Lehrern die Technik erklären müssen“, sagte Börmann in einem engagierten Vortrag vor mehr als 30 Vertretern aus Wirtschaft, Schulen und Verwaltung sowie Stormarner Bürgermeistern. Auch IHK-Präses Friederike C. Kühn und Vicepräses Norbert Basler nahmen an der Sitzung teil.

Die Leiterin der Dietrich-Bonhoeffer-Schule in Bargteheide, Christa von Rein, teilte in vielen Punkten die Ansicht von Börmann. Vor allem würden nicht leistungsfähige Datenleitungen Internetrecherchen oder digitale Prozesse im Unterricht blockieren. Digitalisierung und Informatik sollten zu den Schwerpunkten der Lehrerausbildung gehören, allerdings gehe es nicht nur um die Lehrer: Im Unterricht sollten vor allem die Kinder unterstützt durch digitale Möglichkeiten lernen.

Auch Kai Aagardt, Leiter der Beruflichen Schule Bad Oldesloe, sieht erste positive Ansätze bei der Digitalisierung an Schulen. Er regte an, die Lehreraus- und -fortbildung zu verbessern, Schulen mit IT-Administratoren auszustatten und mehr Geld für Investitionen in Hard- und Software sowie Internetausstattung zur Verfügung zu stellen. „Kreidetafeln braucht kein Mensch mehr“, sagte er und forderte damit ein Umdenken in der Ausrichtung des Lernens. Die konzeptionelle Ausrichtung der Digitalisierung der Schule sollte dabei aber stets unter dem Grundsatz: „Die Technik muss der Pädagogik folgen“ stehen.

Beide Schulleiter sahen eine engere Kooperation zwischen Wirtschaft und Schule als Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Digitalisierung des Unterrichts sowie des Lernens mit digitalisierten Methoden. Die Wirtschaftsvertreter griffen den Ball auf und forderten ein Umdenken an den Schulen. Noch zu häufig wäre das Ansehen der Unternehmer in den Lehrerkollegien schlecht, betonte Norbert Basler. Viele Betriebe würden ihre Kontakte zu den Schulen ausbauen, wenn diese sich von den Vorurteilen befreiten, so wie an der Dietrich-Bonhoeffer-Schule. Zugleich sieht der Gründer der Ahrensburger Basler AG die Politik in der Pflicht, die richtigen Prioritäten bei der Verteilung von Geld und Ausstattung zu setzen, anstatt eine stärkere Beteiligung der Wirtschaft an den Prozessen an den Schulen zu fordern.

Auch Norbert Hegenbart, ehrenamtlicher Bürgermeister der Gemeinde Tremsbüttel, sieht die Politik in der Pflicht, die Entwicklung zügig zu fördern. „Wir brauchen guten Datenleitungen an jeder Milchkanne“, betonte er. Zugleich müsse die Politik vor dem Hintergrund des sich verschärfenden Fachkräftemangels erkennen, dass Digitalisierung bereits an den Schulen beginne. Es sei daher erforderlich, die Infrastruktur an den Schulen auszubauen, die Lehrpläne sowie die Ausbildung der Lehrkräfte an die Erfordernisse des digitalen Zeitalters anzupassen.

Einen großen Nachholbedarf an den Schulen sieht auch Dr. Ulrich Hoffmeister, Leiter des IHK-Geschäftsbereichs Aus- und Weiterbildung. Er bemängelte ebenfalls, dass an den Schulen keine einheitliche Ausstattung gebe und Software den Ergebnissen einer Umfrage des schleswig-holsteinischen Bildungsministeriums zufolge hauptsächlich in der Schulverwaltung, aber nicht im Unterricht zur Anwendung komme. Zudem wären Lehrer nicht als Administratoren tätig.

Wie wichtig digitale Kompetenzen schon beim Eintritt in das Berufsleben sind, betonte Dietke Gruber, Ausbildungsleiterin bei der Hako GmbH in Bad Oldesloe. „Digitalisierung kommt nicht nur in unseren Prozessen zum Einsatz, sondern auch in unseren Produkten.“ Das müsse allen Mitarbeitern klar sein. Aufgabe der Betriebe sei es, die Menschen auf dem Weg der Digitalisierung zu begleiten und die Mitarbeiter neugierig zu machen. „Unser Motto lautet: einfach handeln und ausprobieren.“

Stefan Woelke fasst die Ergebnisse der Sitzung zusammen: „Wir alle wollen eine schnellere und bessere Bildung. Dabei geht es nicht um Geld, sondern um den richtigen Einsatz der vielen Mittel, die uns zur Verfügung stehen.“ Es gelte nunmehr, diesen Gestaltungsspielraum zu nutzen.

Wie das geht, zeigte David Baunsgaard, Geschäftsführer der IST Group auf, die in Neritz bei Bad Oldesloe eine Niederlassung betreibt. Die IST Deutschland GmbH, in deren Räumen der Wirtschaftsbeirat tagte, ist Spezialistin für die Digitalisierung an Schulen. „Wir wollen dazu beitragen, dass Schüler mehr lernen können. Die Schule wiederum wünschen Entlastung und schnelle Lösungen für Verwaltung und Unterricht. Wir verbinden daher Bildung und Technologie.“ Getreu ihrem Motto „Jeder hat einen Anspruch auf eine gute Schulbildung“ bietet IST Software für die Verwaltung an Schulen und Stundenpläne, Lernsysteme für den Unterricht oder Apps für Lehrer, Schüler und Eltern. Auch bei Hardwareausstattung beraten die Experten. Dafür sind sie im ständigen Dialog mit Schulen und Schulträgern. Obwohl Deutschland im Vergleich zu den skandinavischen Ländern bei diesen Veränderungen etwas schwerfällig sei, ist Baunsgaard zuversichtlich, dass den Schulen der Weg in das Zeitalter der Digitalisierung gelingen wird.

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