Zur geplanten Legalisierung von Cannabis für nicht-medizinische Zwecke erklärt Dr. Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer:
„Die Bundesregierung und Bundesgesundheitsminister Lauterbach möchten den Cannabis-Konsum legalisieren. Sie wollen den Eigenanbau erlauben und Cannabis Clubs einführen. Gleichzeitig soll eine Aufklärungskampagne junge Menschen vor den erheblichen Gefahren des Kiffens warnen. Vielleicht erschließt sich die Ambivalenz dieser Logik im Rauschzustand, einer nüchternen kritischen Betrachtung hält sie jedenfalls nicht stand.
Der Internationale Suchtstoffkontrollrat weist darauf hin, dass die Legalisierung von Cannabis zu mehr Konsum führt und das Risikobewusstsein mindert. Durch die Freigabe wird eine Droge verharmlost, die nachgewiesenermaßen abhängig macht und zu schweren Entwicklungsschäden führen kann – gerade bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen.
Der Bundesgesundheitsminister hat Medizin studiert. Er weiß und hat selbst öffentlich darauf hingewiesen, dass die Entwicklungsprozesse des Gehirns bis zum 25. Lebensjahr noch nicht abgeschlossen sind und der Konsum von Cannabis diese Prozesse negativ beeinflussen kann. Diese Schäden sind dauerhaft und bleiben lebenslang wirksam. So steigt das Risiko von nachhaltigen kognitiven Funktionsdefiziten, das Auftreten von Psychosen, Depressionen oder Angststörungen signifikant. Darauf haben zahlreiche Vertreter entsprechender wissenschaftlicher Fachgesellschaften in den vergangenen Monaten im Rahmen der öffentlichen Debatte um die Legalisierung von Cannabis laut und deutlich hingewiesen.
Trotz dieser schweren gesundheitlichen Gefahren will Minister Lauterbach schon Achtzehnjährigen den legalen Zugang zu Cannabis ermöglichen. Das ist kein Jugendschutz. Das ist hochgradig verantwortungslos.
Geradezu aberwitzig ist außerdem die Vorstellung, dass die kleinteiligen Vorgaben dieses Bürokratiemonsters wirksam kontrolliert werden könnten. Polizei, Justiz und Ordnungsämter sind schon heute hoffnungslos überlastet. Sollen sie in Zukunft mit ihrem knappen Personal auch noch Cannabispflanzen in Privatwohnungen zählen oder Mindestabstände von Hanfplantagen zu Schulen und Kitas ausmessen? Solche völlig lebensfremden Regelungen stärken nicht den Jugendschutz, sondern sie organisieren den staatlichen Kontrollverlust. Darauf haben der Deutsche Richterbund und Vertreter leitender Polizeiorgane in deutlichen öffentlichen Stellungnahmen hingewiesen.
Die Bundesregierung ignoriert mit diesem Gesetzesentwurf alle Argumente der medizinischen Wissenschaft und der realen Erfahrung der Strafermittlungsorgane bewusst und damit fahrlässig.
Der Bundesgesundheitsminister muss seiner Verantwortung gerecht werden, die Bürgerinnen und Bürger vor gesundheitlichen Schäden zu bewahren. Mit der geplanten Cannabis-Legalisierung erreicht er das Gegenteil.
Was wir brauchen, ist eine nüchterne und evidenzbasierte Drogenpolitik, die entschieden auf mehr Präventions- und Hilfsangebote setzt.“
Text: Bundsärztekammer