Die Stimmung der Unternehmen in Schleswig-Holstein hat sich wieder verschlechtert
Im vierten Quartal sinkt der Konjunkturklimaindex der IHK Schleswig-Holstein von 98,2 auf 95,0 Punkte und bleibt deutlich unter dem langjährigen Durchschnittswert von 110,5. Die negative Entwicklung ist vor allem auf die eingetrübten Erwartungen der Unternehmen zurückzuführen. Gründe dafür liegen in den Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung. Belastet sind besonders konsumnahe Branchen.
Die aktuelle Geschäftslage schätzen knapp 36 Prozent der befragten Unternehmen als gut ein; 22 Prozent bewerten sie als schlecht. Dies stellt zwar eine leichte Verbesserung gegenüber dem Vorquartal dar, als rund 32 Prozent ihre Situation gut bewerteten. Die Erwartungen der Unternehmen haben sich jedoch eingetrübt. 37 Prozent – nach zuletzt 31 Prozent– gehen von einer Verschlechterung ihrer Geschäfte aus. Zulegen konnten dagegen die Exportaussichten: 29 Prozent erwarten hier Zunahmen (Vorquartal 18 Prozent). „Normalerweise hat unser Konjunkturbericht eine längere Halbwertszeit als in diesen Tagen.
Die Lage hat sich im Januar dramatisch verschlechtert
Seit wir unsere Umfrage am 12. Januar geschlossen haben, hat sich die Situation in vielen Branchen dramatisch verschlechtert. So wurde die konjunkturelle Erholung, die wir im Herbst noch gesehen haben, im vierten Quartal jäh ausgebremst. Anders als beim massiven Einbruch im Frühjahr stellen wir fest, dass die Situation in den Branchen sehr unterschiedlich aussieht“, fasst Friederike C. Kühn, Präsidentin der IHK Schleswig-Holstein, zusammen.
Das produzierende Gewerbe kommt vergleichsweise gut durch die zweite Corona-Welle
Die aktuelle Geschäftslage in der Industrie verbessert sich weiterhin. So schätzen 38,8 Prozent der Industrieunternehmen ihre aktuelle Situation als gut ein (Vorquartal: 30,4 Prozent). Der Auftragsbestand konnte weiter zulegen: 23,4 Prozent der Industriebetriebe beurteilen diesen als verhältnismäßig groß. Im Herbst lag diese Zahl bei 17,9 Prozent. Sorgen bereitet momentan vor allem die Lage des Einzelhandels, die sich seit Inkrafttretens des harten Lockdowns erneut verschlechtert hat: 39,1 Prozent der Einzelhändler beurteilen ihre aktuelle Geschäftslage als schlecht, 57,5 Prozent haben es mit geringeren Umsätzen zu tun. Auch die Zukunftsaussichten fallen pessimistisch aus: 67 Prozent rechnen mit einer weiteren Verschlechterung ihrer Geschäftslage.
Die Unternehmenspläne bleiben trotz leichter Verbesserungen verhalten
Die Beschäftigungsaussichten konnten sich gegenüber dem Vorquartal leicht verbessern. Knapp 15 Prozent der Unternehmen stellen sogar steigende Beschäftigungszahlen in Aussicht. Auch die Investitionspläne werden etwas optimistischer bewertet. Während im Frühjahr die Mehrheit der Unternehmen noch einen Rückgang angab, rechnen, wie schon im Herbst, gut 70 Prozent mit einem konstanten Investitionsniveau; fast 22 Prozent wollen im kommenden Geschäftsjahr sogar mehr investieren. Das Hauptmotiv für Investitionen bildet dabei für 65 Prozent der Betriebe der Ersatzbedarf. Investitionen in Rationalisierungsmaßnahmen planen rund 36 Prozent, in Produktinnovationen 31 Prozent.
Die Risikoeinschätzung wird weiterhin maßgeblich von der Corona-Krise beeinflusst
Das größte Geschäftsrisiko sehen die Unternehmen momentan in den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen (57 Prozent). Krisenbedingt starker Risikofaktor ist zudem die Inlandsnachfrage (54 Prozent). Der Fachkräftemangel tritt derzeit etwas in den Hintergrund, wird aber dennoch von fast der Hälfte der Unternehmen (46 Prozent) als Risiko bewertet. „Obwohl die wirtschaftliche Lage insgesamt noch recht stabil ist, spitzt sich die Krise in den Lockdown-Branchen zu. Die Situation im Einzelhandel ist dramatisch. Betroffene Unternehmen brauchen dringend schnelle und unbürokratische Hilfe“, so das Fazit von Friederike C. Kühn.
„Auf das Versprechen der Bundespolitik, dass kein gesundes Unternehmen wegen Corona in die Insolvenz geraten dürfe, haben sich die Unternehmerinnen und Unternehmer im Land verlassen. Inzwischen haben wir aber berechtigte Zweifel daran, dass die Politik dieses Versprechen auch wirklich einhalten kann“, ergänzt Klaus-Hinrich Vater, Präsident der IHK zu Kiel. Er beschreibt die Überbrückungshilfe III als „sowohl in der Höhe der Abschläge als auch zeitlich völlig untauglich“. Erst im Februar soll die Beantragung möglich sein. Dann wird es lediglich Abschlagszahlungen geben – diese dürften für viele Betriebe, die seit Mitte Dezember 2020 geschlossen sind, jedoch viel zu niedrig sein. Der volle Hilfsbetrag, der nur einen kleinen Teil der Verluste ausgleicht, kann erst nach Vorlage genauer Angaben zu Fixkosten, Warenbestand und Umsatzausfall gewährt werden. Die vollständige Auszahlung werde sich voraussichtlich bis ins zweite Quartal verzögern.
Vater: „Wir appellieren daher erneut an die Landesregierung und auch an die Opposition, den Druck im politischen Berlin zu erhöhen. Wenn der Bund seine Versprechen nicht hält oder nicht halten kann, dann muss das Land notfalls einspringen. Schleswig-Holstein will das mittelstandsfreundlichste Bundesland sein. Daran muss es sich jetzt messen lassen. Die Existenz tausender Unternehmen ist akut bedroht. Hier zählt jeder Tag.“
Rolf-Ejvind Sörensen, Präsident der IHK Flensburg, betont: „Als IHK Schleswig-Holstein begrüßen wir den Entwurf der Landesregierung für einen Stufenplan zum Wiederanfahren der Wirtschaft. Damit hat sie einen konstruktiven Aufschlag für die Diskussion auf Bundesebene gemacht, der einheitliche und nachvollziehbare Kriterien festlegt und für die Wirtschaft eine dringend benötigte Orientierungshilfe aufzeigt.“ Schnell hätten sich andere Bundesländer skeptisch zu dem Plan geäußert. „Sollte eine bundesweit einheitliche Linie nicht durchsetzbar sein, fordern wir als IHK Nord, dem Zusammenschluss aus zwölf IHKs, die norddeutschen Bundesländer auf, zumindest hier einen gemeinsamen Kurs einzuschlagen“, sagt Sörensen.
Im Entwurf aus Schleswig-Holstein sehe die IHK Schleswig-Holstein durchaus Potenzial, noch deutlichere Erleichterungen in Teilbereichen zu integrieren, ohne Risiken einzugehen. Sörensen: „Uns erreichen immer mehr Notrufe aus den Unternehmen. Ein Stufenplan bietet Transparenz, Sicherheit, Perspektive und erhöht so die Akzeptanz der getroffenen Maßnahmen.“
Text: IHK Schleswig-Holstein / Redaktion, Foto: IHK zu Lübeck, Malzahn