Das Bundesverfassungsgericht hat 2018 festgestellt, dass die derzeitige Erhebung der Grundsteuer verfassungswidrig ist. Die Regierungen von Bund und Ländern haben daraus eine umfangreiche Verwaltungsreform gemacht. Die BürgerStiftung informiert am 21.08.2022 mit „Die Grundsteuer-Reform – was man wissen muss“ über die Pflichten der Immobilienbesitzer und welche Möglichkeiten sie für ihre Meldung haben.
Referent des Vortrags ist Uwe Schempp, Steuerberater und Geschäftsführer einer Kanzlei in Volksdorf. Wir haben das zum Anlass für ein Interview mit ihm genommen:
Fünf Fragen Zur Grundsteuer Reform an Uwe Schempp
1 Warum müssen die Bürger für die Reform in 2022 Daten an das Finanzamt melden?
Das Bundesverfassungsgericht hat mit Urteil vom 10.04.2018 entschieden, dass das derzeitige System der grundsteuerlichen Bewertung gegen das im Grundgesetz verankerte Gebot der Gleichbehandlung verstößt. Bisher wurde bspw. auf Wertverhältnisse zum 01.01.1964 und in den neuen Bundesländern zum 01.01.1935 abgestellt. Diese Wertverhältnisse sind stark veraltet und geben nicht mehr die Wertentwicklungen bis heute wieder, was zu starken Ungleichbehandlungen führen kann.
Der Gesetzgeber wurde daher verpflichtet eine Gesetzesänderung vorzunehmen. Für die neue Ermittlung der Grundsteuer benötigt er im ersten Schritt aktuelle Werte zu den Grundstücken. Die erste Hauptfeststellung erfolgt auf den 01.01.2022, für die jede Eigentümerin und jeder Eigentümer eine Steuererklärung abgeben muss. Das Zusammentragen der notwendigen Daten für die Ermittlungen des Grundsteuerwertswurdeauf die Steuerpflichtigen ausgelagert, weil einige Daten noch nicht in digitalisierter Form vorliegen und Vernetzungen zwischen den einzelnen Behörden und den Finanzämtern fehlen. Außerdem liegen den Behörden nicht alle notwendigen Angaben vor (z.B. zu den aktuellen Wohn- und Nutzflächen) Diese müssen daher bei den Eigentümern abgefragt werden.
2 Wann wird die neue Steuerhöhe feststehen und ab wann ändern sich die Zahlungen?
Die Festsetzung der Grundsteuer erfolgt in drei Berechnungsschritten.
- Im ersten Schritt wird der Grundbesitzwert ermittelt. Dafür sind die Angaben aus den Steuererklärungen notwendig, die bis zum 31.10.2022 bei den Finanzämtern einzureichen sind.
- Im zweiten Schritt setzen die Finanzämter neue Steuermesszahlen fest, die an die derzeitigen Wertverhältnisse angepasst sein sollen. Die Eigentümer erhalten von den Finanzämtern entsprechende Grundsteuermessbescheide (Grundsteuerwert x Steuermesszahl), deren Angaben sie gut prüfen sollten, da diese Grundlage für die späteren Grundsteuerbescheide sind.
- Im dritten Schritt setzen die Gemeinden, auf Basis der von den Finanzämtern ermittelten Grundsteuermessbeträge, neue Hebesätze fest. Die Grundsteuer ermittelt sich dann aus dem Messbetrag x dem Hebesatz. Die entsprechenden Grundsteuerbescheide müssen die Gemeinden in 2024 an die Eigentümer versenden, da die neue Grundsteuer erstmalig ab dem 1.1.2025 erhoben wird.
3 Wird sich die Steuerbelastung für die Besitzer von Wohnungen und Einfamilienhäusern erhöhen?
Wie immer lautet die Antwort: es kommt darauf an. Das gesamte Einnahmevolumen der Gemeinden aus der Grundsteuer soll sich zwar nicht ändern. Wie dies mit den neuen Bewertungen allerdings umgesetzt werden kann, wird eine komplexe Aufgabenstellung für die Gemeinden sein.
Interessant wird die Neuberechnung durch den Fakt, dass die Grundsteuer auf Mieter im Rahmen der Nebenkostenabrechnung umgelegt wird. Dies wird hoffentlich von den Gemeinden sozialverträglich berücksichtigt.
Wir gehen dennoch von erhöhten Steuerbelastungen aus. Lassen uns aber gerne überraschen.
4 Warum ist die Zusammenstellung der Daten für die Besitzer von Immobilien so kompliziert?
Zunächst muss der Eigentümer wissen, welche Daten benötigt werden und wie diese zum Teil gesetzeskonform berechnet werden. So wird zum beispielsweise in Schleswig-Holstein das Bundesmodell angewendet. Sechs Bundesländer haben eine Öffnungsklause genutzt und eigene Modelle erlassen. Meines Erachtens wird die Ermittlung der Wohn- und Nutzflächen die größte Herausforderung werden. Hier gibt es zahlreiche Regeln bei der Ermittlung zu beachten. Außerdem sind die verschiedenen Quellen für die Zusammenstellung der Daten zum Teil Jahrzehnte alt.
5 Wo bekommen die Bürger Hilfe für die Meldung?
Auf der Website des Bundesministeriums für Finanzen, aus einer inzwischen zahlreichen Fachliteratur, von Steuerberatern und Rechtsanwälten, Hausverwaltern und diversen Beratern.
Außerdem hat jedes Bundesland eine eigene Website zur Grundsteuer mit entsprechenden Formularen und Erläuterungen sowie eine Grundsteuer-Hotline bereitgestellt.
Und z.B. durch die Bürgerstiftung Ahrensburg. In einem Vortrag zu dem Thema, werden der Hintergrund der Grundsteuerreform, ein Überblick über die Neuregelungen, den zeitlichen Ablauf und Informationen zu den Feststellungserklärungen vermittelt. Ich freue mich darauf, dabei Ihr Referent sein zu dürfen.
„Die Grundsteuer-Reform – was man wissen muss“ findet am 21.08.2022 im Rahmen der AKTIV LEBEN-Messe der BürgerStiftung Region Ahrensburg statt: Schulzentrum Am Heimgarten, Reesenbüttler Redder 4-10, 22926 Ahrensburg. Der Vortrag findet um 11.30 Uhr und um 15.00 Uhr statt. Die Teilnahme am Vortrag ist kostenfrei.
Die Teilnehmerzahl ist begrenzt. Die Teilnahme ohne Anmeldung ist möglich, solange Plätze verfügbar sind. Wer sich einen Platz verbindlich sichern will, kann sich hier anmelden (Anmeldung bis 20.08.2022, 18 Uhr)
Text, Foto: BürgerStiftung / Redaktion