4 Handlungsfelder für Wege aus der Wirtschaftskrise
„Die Unternehmen in Norddeutschland brauchen eine Mischung aus konjunkturell-stabilisierenden und strukturpolitischen Maßnahmen zur Überwindung der Corona-Krise“, sagte Janina Marahrens-Hashagen, Vorsitzende der IHK Nord und Präses der Handelskammer Bremen, heute anlässlich der Vorstellung des IHK Nord-Positionspapiers „Wege aus der Corona-Krise III – Eine wirtschaftspolitische Strategie zur Überwindung der Corona-Krise in Norddeutschland“.
Norddeutschland besonders stark betroffen
Der Standort Norddeutschland sei von der Corona-Krise überdurchschnittlich betroffen, weil er stark in die internationale Arbeitsteilung eingebunden ist. Auch durch die besondere Bedeutung der Tourismus- und Freizeitwirtschaft für den Norden Deutschlands, die im Norden für mehr als 850.000 standortgebundene Arbeitsplätze stehe, hätten die staatlichen Infektionsschutz-Vorgaben die norddeutsche Wirtschaft besonders hart getroffen.
„Mit der sukzessiven Lockerung der staatlichen Infektionsschutz-Vorgaben beginnt für die norddeutsche Wirtschaft die nächste Phase der Corona-Krise“, betonte Marahrens-Hashagen. Nötig sei jetzt ein wirtschaftspolitisches Programm, das kurzfristig Insolvenzwellen vermeide, Unternehmen entlaste und die besonders hart betroffenen Wirtschaftssektoren konjunkturell stabilisiere: „Die Corona-Krise legt aber auch schonungslos die strukturellen Defizite des Standortes Norddeutschland offen“, so die IHK Nord-Vorsitzende: „Wir benötigen daher nachhaltige Impulse in Schlüsselbereichen, etwa zur digitalen Transformation, bei der Wasserstofftechnologie, innovations- und gründerfreundliche Rahmenbedingungen oder eine Beschleunigung des Infrastrukturplanungsrechts und von Genehmigungsverfahren, um langfristig aus der Krise herauszuwachsen.“
Von besonderer Bedeutung sei es, dass sich die fünf Küstenländer auf ein gemeinsam angelegtes Maßnahmenpaket zur Stimulierung der norddeutschen Wirtschaft verständigten. Dies ermögliche Synergien, mehr Gewicht beim Einwerben von Unterstützung in Berlin und Brüssel und vermeide Wettbewerbsverzerrungen durch regional unterschiedliche Regelungen zwischen den einzelnen Ländern. Janina Marahrens-Hashagen betonte: „Ein norddeutscher Schulterschluss zur Überwindung der Corona-Krise in der Wirtschaft wäre ein ebenso starkes wie notwendiges Signal für den Zusammenhalt im Norden.“
Das ausführliche Papier, mit einer umfassenden Ideensammlung als Anregung für ein solches Maßnahmenpaket und einer differenzierten Analyse der wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise im Norden, findet sich unter www.ihk-nord.de/coronapapier. Die IHK Nord legt mit diesem Papier eine wirtschaftspolitische Strategie mit folgenden vier Handlungsfeldern vor, die einen zentralen Beitrag dazu leisten können, die Krise für die norddeutschen Unternehmen einzudämmen und langfristig zu überwinden:
Handlungsfeld 1 – Das Überleben von Unternehmen sichern
Ein umfassendes Maßnahmenpaket, das stetig situativ angepasst und kontinuierlich weiterentwickelt werden muss, ist erforderlich, um das Überleben vieler dieser Betriebe zu sichern:
• Schrittweise Lockerungen derzeitiger Beschränkungen.
• Liquidität sichern, eingeschränkte Unternehmen teilweise „einfrieren“.
• Unternehmen während der Krise entlasten („Bürokratie-Moratorium“).
Handlungsfeld 2 – Attraktivität des Standorts Norddeutschland und seiner Städte und Regionen retten
Die Corona-Krise hat besonders dramatische Folgen für Branchen wie Einzelhandel, Gastronomie, Kultur und Veranstaltungen. Diese prägen die Attraktivität und Lebensqualität von Städten und Regionen und damit des Wirtschaftsstandorts Norddeutschland in hohem Maße. Neben überlebenssichernden Maßnahmen bedürfen viele Unternehmen aus diesen Sektoren einer besonderen Aufmerksamkeit und entschlossener konjunktureller Impulse.
• Vertrauen der Konsumenten und Bevölkerung zurückgewinnen.
• Konkrete Förderungen in besonders stark betroffenen Branchen umsetzen.
• Mit gemeinsamer Initiative Tourismus im Norden stärken.
Handlungsfeld 3 – Freie Märkte garantieren, internationale Lieferketten am Leben halten
Die WTO geht davon aus, dass der Welthandel um über 30 Prozent durch die Corona-Krise einbrechen könnte. Der Außenwirtschaftsstandort Norddeutschland benötigt kurzfristige Maßnahmen, um den Außenwirtschaftsverkehr und internationale Lieferketten am Leben zu halten. Der Norden muss sich für freie Märkte sowie die Aufrechterhaltung internationaler Lieferketten einsetzen. Langfristig soll sich der Norden auch auf veränderte globale Lieferketten einstellen können und hierzu eine norddeutsche Anpassungsstrategie erarbeiten.
• Außenwirtschafts-, Luft- und Güterverkehr erleichtern
• EU-Binnenmarkt wiederherstellen und weiterentwickeln.
• Industrie-Ansiedlungsstrategie zur Anpassung an sich verändernde Weltmärkte entwickeln
Handlungsfeld 4 – Investitionsprogramm „Zukunft Norddeutschland“ auflegen
Die Corona-Krise verschärft für Norddeutschland den Transformationsdruck und die Notwendigkeit, Anpassungsprozesse für den Standort zu beschleunigen und Investitionen in seine Zukunftsfähigkeit zu tätigen. Die Corona-Krise muss in dieser Hinsicht als unüberhörbarer Weckruf und Startschuss für eine Investitionsoffensive genutzt werden. Handlungsbedarf sieht die IHK Nord in folgenden Schwerpunktbereichen:
• Digitale Transformation von Wirtschaft und Verwaltung beschleunigen.
• Klimaschutz durch Technologie und Innovation – Wasserstoff-Technologie als historische Chance für Norddeutschland nutzen.
• Innovationsverbund Norddeutschland installieren.
• Infrastrukturplanungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigen.
Dazu Friederike C. Kühn, Präsidentin der IHK Schleswig-Holstein:
„Wesentlicher Baustein für eine wirtschaftspolitische Strategie zur Überwindung der Folgen der Corona-Krise ist die Energiepolitik. Insbesondere für Norddeutschland als Zentrum der Energiewende bietet sich hier ein großes Potenzial – die globalen Bemühungen um den Klimaschutz sind gleichzeitig ein guter Ausgangspunkt.
Kern dabei ist die Wasserstofftechnologie, „grüner“ Wasserstoff steht für die IHK Nord im Mittelpunkt: Der Norden verfügt zum einen über große, oft nicht nutzbare regenerative Energiequellen; Wasserstoff ist andererseits speicher- und transportierbar; im Übrigen stellt er einen Schlüssel für die Energiewende in der Mobilität dar.Vor diesem Hintergrund ruft die IHK Nord die norddeutschen Länder auf, weiterhin als Treiber im Bund zu wirken und eine Wasserstoff-Initiative im Bundesrat zu starten. Parallel dazu muss Norddeutschland als Wasserstoff- und Energieregion deutlich besser als bisher vermarktet werden. Schließlich bietet sich dafür an, ein norddeutsches Wasserstoff-Cluster zu schaffen, um die vorhandenen Aktivitäten von Wirtschaft und Wissenschaft zu intensivieren und zu stärken. „Grüner Wasserstoff kann zu einem Game Changer für Norddeutschland werden und das bestehende Süd-Nord-Gefälle der Standorte verringern“, so Friederike C. Kühn, Präsidentin der IHK Schleswig-Holstein.
Text: IHK Nord, Fotos: Handelskammer Bremen, IHK zu Lübeck/ Malzahn